Ergebnisse der Sondierungsgespräche

Januar222018

Dr. Mathias Höschel, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Verrechnungsstellen Gesundheit e. V., äußert sich zu den Ergebnissen der Sondierungsgespräche von CDU/CSU und SPD

Strahlende Gesichter nach dem Sondierungs-Marathon in Berlin. Aber können wir uns auch alle über die Ergebnisse freuen? Zunächst: Die Union und die SPD haben sich noch einmal zusammengerauft und damit die politische Mitte in Deutschland und in Europa gestärkt. Das ist gut für unser Land. Und in wichtigen Politikfeldern wurde das Schlimmste an SPD-Forderungen verhindert: Keine Bürgerversicherung, keine Reichensteuer, kein Familiennachzug für alle geduldeten Flüchtlinge. Das ist einer standfesten Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber vor allem auch einer hart verhandelnden CSU zu verdanken.

Horst Seehofer hat sich mit wichtigen Rahmenbedingungen für eine vernunftorientierte künftige Migrationspolitik durchgesetzt. Eine, wenn auch flexible, Obergrenze für den Zuzug, Asylbewerberzentren und Sach- statt Geldleistungen, und vor allem kein automatischer und unkontrollierter Familiennachzug. Gut auch, dass keine Steuererhöhungen, sondern schrittweise Entlastungen für die Bürger kommen sollen. Ebenso begrüßenswert ist es, das Engagement für Europa zu stärken. Hier darf es aber nicht bei finanziellen Zusagen alleine bleiben. Zwingend ist ein eigener europapolitischer Ansatz Deutschlands, der der Politik des Zentralismus und der Umverteilung von Macron oder Juncker überzeugend entgegentritt.

In der Gesundheitspolitik wurde die Verhinderung der Bürgerversicherung leider durch die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassen durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber erkauft. Bei eigentlich vollen Kassen der gesetzlichen Krankenversicherungen eine fragwürdige Botschaft. Auch hier bleibt es abzuwarten, wie die künftige Bundesregierung auf die tatsächlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen, wie Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser, die Unterversorgung ländlicher Regionen oder die Digitalisierung, reagieren wird.

Für die traditionsreichen Volksparteien CDU/CSU und SPD ist der Kompromiss eine Chance, ihre Befähigung zur Gestaltung unseres Landes trotz des schlechten Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl unter Beweis zu stellen. Leider wurde es aber durch das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen verpasst, durch neue Parteienkonstellationen zwingend notwendige Reformen anzustoßen. Insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, bei der Motivierung von Unternehmern und Freiberuflern hätte die FDP wichtige Akzente setzen können. Mit ihrer Verweigerung hat sie auf längere Sicht im Bund den Anspruch auf wirksame Mitgestaltung verspielt. Deshalb sind nun die Reformkräfte in der Union gefordert. Denn die SPD ist beim Sondierungskompromiss erkennbar an die Grenze ihrer Belastbarkeit gegangen. Ich bin deshalb sehr gespannt, ob der kommende SPD-Parteitag das Ergebnis des ohnehin angeschlagenen Parteichefs Martin Schulz so ohne weiteres absegnen wird.

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